Steuerberater und GPLB? Ja, immer wieder läuten die Prüfer:innen an unseren Türen – Denn wer derzeit Betriebsprüfungen im Bereich der Lohnabgaben (GPLB) begleitet, merkt rasch: Es wird genauer hingesehen – und die Schwerpunkte haben sich verschoben.
Von Sachbezügen zu Arbeitszeitmodellen
Während sich die Prüfer:innen in der Vergangenheit oft auf „Klassiker“ wie Sachbezüge oder Geschäftsführerbezüge konzentrierten, rücken nun deutlich heiklere Themen in den Fokus. Unsere Kanzlei beobachtet verstärkte Prüfungsschwerpunkte bei:
- Trinkgeldpauschalen in der Gastronomie
- (Freien) Überstundenzuschlägen bei Gleitzeit
- Arbeitszeitaufzeichnungen und Gleitzeitvereinbarungen
- Entgeltfortzahlung an Feiertagen
Korrekte Abgrenzung zwischen freien Dienstnehmer:innen und echten Dienstverhältnissen
Gerade letzteres Thema erfährt aktuell durch die politisch diskutierte „Lex Lieferando“ neue Brisanz.
Die „Lex Lieferando“: Ende der Gig Economy?
Die geplante gesetzliche Kollektivvertragszuordnung freier Dienstnehmer:innen – auch bekannt als „Lex Lieferando“ – zielt auf die Regulierung prekärer Arbeitsverhältnisse in der Gig Economy ab. Was auf den ersten Blick verständlich erscheint, wirft jedoch tiefgreifende Fragen auf:
Was passiert mit den „echten“ freien Dienstnehmer:innen, die bewusst und wirtschaftlich unabhängig arbeiten?
Wie weit darf der Gesetzgeber in selbständige Erwerbsformen eingreifen? #Überregulierung
Ist die Maßnahme ein legitimes Mittel zur Eindämmung von Scheinselbständigkeit – oder ein Einfallstor für zusätzliche Prüfungsrechte der Behörde?
Gerade aus Sicht von Steuerberatern im Arbeitsrecht ist hier Vorsicht geboten.
Sozialversicherung: Das eigentliche Problem.
Nicht der Werkvertrag oder das freie Dienstverhältnis sind das Problem – sondern die mangelnde Rechtssicherheit im Sozialversicherungsrecht. Seit Jahrzehnten sind Berater:innen und Unternehmer:innen mit einem System konfrontiert, das durch Einzelfallentscheidungen und behördlichen Ermessensspielraum geprägt ist.
Ob eine Person als freier Dienstnehmer oder echter Arbeitnehmer eingestuft wird, hängt von Faktoren ab wie:
- Vertretungsrecht
- Dokumentation und gelebte Praxis
- Weisungsgebundenheit
- Integration in den Betrieb
Das Problem: Es gibt keine klaren, belastbaren Regeln. Es handelt sich immer um Einzelfallentscheidungen im Sozialversicherungsrecht.
Selbst höchstgerichtliche Entscheidungen wirken eher verwirrend als klärend. Während etwa Saunameister:innen als freie Dienstnehmer:innen anerkannt wurden, tendiert man bei Yoga-Lehrer:innen zu echten Dienstverhältnissen. Noch absurder wird es bei diplomiertem Gesundheits- und Pflegepersonal (DGKP), das trotz berufsrechtlicher Selbständigkeit kaum mehr als freier Dienstnehmer anerkannt wird.
Zeit für ein modernes System
Anstatt neue gesetzliche Konstrukte wie die Lex Lieferando zu schaffen, sollten wir uns mit dem zugrunde liegenden Missstand befassen: Ein veraltetes, starres und intransparentes System der sozialversicherungsrechtlichen Statusfeststellung. Ein System, in dem oft Individualität und Willkür siegt, statt Daten, Fakten und vor allem einem belastbaren Rechtsrahmen. Das ist unbefriedigend für alle Seiten und kostet Geld und Nerven.
Was es braucht:
- Klare gesetzliche Kriterien für Beschäftigungsformen
- Rechtssicherheit für Unternehmer und Berater
- Schutz für wirklich selbständige Erwerbstätige
- Vermeidung neuer Graubereiche und Risiken bei GPLB-Prüfungen
Denn auch wenn bestimmte Branchen Kollektivverträge haben – viele haben es nicht. Und dort eröffnen sich neue Risiken und Unsicherheiten.
Fazit: Jetzt handeln, statt verwalten.
Wir brauchen keine weiteren gesetzlichen Flickwerke. Was wir brauchen, ist eine echte Modernisierung des Arbeits- und Sozialversicherungsrechts – unter Einbindung aller Perspektiven: Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Selbständige und Berater. Nur so schaffen wir ein System, das fair, zeitgemäß und rechtssicher ist.
Ansprechpartner als Steuerberater für GPLB, Arbeitsrecht und Sozialversicherungsrecht in Graz:
Kontaktieren Sie uns gerne, wenn Sie Fragen zu aktuellen Prüfungsschwerpunkten, freien Dienstverhältnissen oder rechtssicherer Arbeitszeitgestaltung haben. Wir unterstützen Sie mit außer-gewöhnlichem Know-how im Arbeits- und Sozialversicherungsrecht, Erfahrung und Klartext.